30. Oktober 2023

Unsere Fahrt nach Lommel – ein Erfahrungsbericht

Lommel, Belgien – Das erste Mal seit der Corona-Pandemie hatten wir die Chance, unserer Partnerstadt Peer einen Besuch abzustatten. Die Reise erstreckte sich über den Zeitraum vom 04. Oktober bis zum 09. Oktober 2023 und ermöglichte den 39 Schülern aus den zehnten und elften Klassen des Friedrich-Franz-Gymnasiums sowie den Lehrkräften Wilfried Lüders, Sabine Gläser und Kevin Kallert ein unvergessliches Erlebnis.

Am 04. Oktober hieß es für alle früh aufstehen, denn um 7:30 Uhr sollte der Bus die fast neunstündige Fahrt ins Nachbarland Belgien antreten. Da die berühmte „Lommel-Fahrt“ durch die Homeschooling-Zeit ihre Bekanntheit verloren hatte, waren wir besonders gespannt, was wir wohl erleben würden. Während der ersten Minuten ergriffen sowohl Herr Lüders, der Organisator dieser Fahrt und unser Busfahrer Thomas Gröger das Wort und stellten Uschi N. und ihre Tochter Sonja N. vor, die nicht nur unglaublich freundlich aussahen, sondern auch eine interessante Familiengeschichte hatten, welche sie uns im Laufe der Projektfahrt nahelegten. Bei der Ankunft in der Jugendherberge beeindruckte uns der anliegende Friedhof mit 20.000 Kreuzen, welcher der größte deutsche Soldatenfriedhof ist.

Am nächsten Tag erwartete uns der erste Programmpunkt der Reise: eine wunderschöne Naturwanderfahrt. Dort hatten wir dann eine Führung, bis wir zu unserem Hauptziel des Tages aufgebrochen sind: Unsere Partnerschule „Agnetencollege“ in Peer, mit welcher wir seit nun fast 30 Jahren eine Bindung pflegen. Natürlich hatten sich die ersten Schüler schon Bilder im Internet angeschaut und waren fasziniert über die Modernität der Gesamtschule, die sich auch in der Realität als überwältigend erwies. Besonders die offenen und hellen Klassenräume und das Schulsystem wurde sehr hervorgehoben. Dort angekommen wurde wir in Gruppen eingeteilt, aßen zusammen mit belgischen Schülern zu Mittag, bekamen von denselben eine Schul- und Stadtführung durch Peer.

Der Freitag stand im Zeichen der Europäischen Union. Wir besichtigten das Europäische Parlament in Brüssel und bekamen einen Überblick über die Arbeitsweisen der Legislative, bevor wir dann einen Teil einer Diskussionsrunde live miterlebten. Am Nachmittag hatten wir noch eigenständig Zeit, die Innenstadt von Brüssel zu erkunden. Viele von uns probierten die köstlichen belgischen Spezialitäten, wie die Pommes oder die Waffeln.

Die emotionalsten Momente der ganzen Fahrt erlebten wir wohl am Samstag, als wir auf dem Soldatenfriedhof erfuhren, dass unter den 20.000 auf dem Gelände befindlichen Grabsteinen sogar 40.000 gefallene Soldaten ihre Ruhe gefunden haben. Diese verfolgten während der NS-Zeit ganz unterschiedliche Motive, so waren einige überzeugt von der nationalsozialistischen Ideologie und begingen teilweise sogar Kriegsverbrechen, während andere nur ihre Familie mit Geld versorgt wissen wollten. Nach diesen Hintergrundinformationen kamen wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung nach und legten in einer stimmungsvollen Zeremonie mit Gedichten und Schweigeminuten Kränze nieder. Die Familien der Gefallenen hatten sie uns mitgegeben. Das erste Grab gehörte dabei zu dem Vater der mitgereisten Uschi N., die uns später dessen Lebensgeschichte erzählte und zum Nachdenken anregte. Diese Momente bereiteten uns allen eine Gänsehaut: die Stimmung, die auf dem Friedhof herrschte, ein schöner Tag mit blauem Himmel, die Ruhe und das Gewicht von Verantwortung und Respekt gegenüber der Vergangenheit. Anschließend säuberten wir im Rahmen eines kleinen Arbeitseinsatzes die Grabsteine.

An unserem letzten Tag in Belgien fuhren wir nach Breendonk, eine 1906 erbaute Festung, die im Laufe des Zweiten Weltkrieges zu einem Konzentrationslager umfunktioniert wurde. Hier erhielten wir eine der eindrucksvollsten Führungen unserer Schullaufbahn sowie einen Einblick in das unmenschliche Leben der Gefangenen, was einige unserer Mitschüler sogar dazu veranlasste, die Führung abzubrechen.

Vielen lag das Erfahrene noch schwer im Magen, sodass sie über den folgenden Ortswechsel und den anschließenden Besuch der Technopolis Mechelen froh waren, wo wissenschaftliche Themen interaktiv erlebbar waren.

Die Lommel-Fahrt bleibt uns als eine der schönsten Fahrten unserer Schullaufbahn in Erinnerung. Dankbar sind wir der Stadt Parchim, dem Landkreis sowie dem Programm “Demokratie leben!” und dem Ministerium für Inneres und Europa MV, dass sie unsere Fahrt unterstützt und vielen Schülerinnen und Schülern erst ermöglicht haben. Wir hoffen, dass die Lommel-Fahrt in den nächsten Jahren wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt und sich wieder mehr Schüler für diese einmalige Erfahrung interessieren werden. Dank gebührt auch unseren Lehrkräften, unserem Busfahrer Thomas Gröger, der uns immer sicher als Ziel brachte und Sonja und Uschi, die unsere Zeit in Lommel verschönert haben.

 

Lommelfahrt

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Autorin: Paula Krüger, bearbeitet von M. Zawadzki

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